Der Herbst ist die Zeit der Weinlese 2018
Kindheitserinnerungen zur Weinlese
Hannah Schmidtmann: Ich bin in einer Winzerfamilie aufgewachsen. Meine Großeltern führten damals die Winzerei, inzwischen haben mein Onkel und mein Cousin den Betrieb übernommen. Schon früh durfte ich in meinen Herbstferien bei der Weinlese (oder wie es bei uns heißt, beim „Herbsten“) helfen. Für mich war das eine eindrückliche Zeit. Morgens früh aufstehen, warm anziehen und die Gummistiefel mit Einlegesohlen ausstatten (bzw. gefaltetes Zeitungspapier). Sonst steigt die Kälte während der Morgenstunden von unten in die Füße. Ausgestattet mit einer Schere durften wir dann die Trauben ernten. Ehrlich gesagt, habe ich mehr genascht als geholfen ;-). Die frischen Trauben, innen kalt von der Nacht, außen warm von der Sonne. Und auf der Zunge süß und saftig! In den Weinbergen am Kaiserstuhl bei Ihringen hing noch der Nebel, der sich im Laufe des Tages verzog und die Sonnenstrahlen durchließ. Mein Großvater hat dann noch vor Ort den Zuckergehalt (Oechsle) bestimmt. Mittags saßen wir dann zusammen auf Bänken und haben unsere Brotzeit gemeinsam genossen. Die Finger völlig verklebt vom süßen Traubensaft. Die Trauben kamen dann in große Holzfässer auf den Anhänger des Traktors und wurden anschließend zum Keltern weggebracht. Ich denke gerne an die Weinlese zurück und freue mich darauf, wenn meine Kinder alt genug sind, um mit ihnen zur Weinlese zu fahren.
Ich habe mich auch noch mit unserer ALvis Sommelière Jennifer Obst unterhalten und sie gebeten, dass sie uns einen kleinen Einblick in ihre Erfahrungen der Weinlese gibt.
Jennifer Obst, was sind Deine Eindrücke von der Weinlese?
„Die Weinlese ist eine tolle Sache. Ich durfte bei meinen Praktika auch zweimal bei der Lese mitmachen. Einmal an der Mosel und einmal in Württemberg. Ich kann also aus eigener Erfahrung berichten. Mir persönlich hat es einen riesen Spaß gemacht. Es war sehr schön, bei der Herbstsonne und an der frischen Luft in der Natur, mit den eigenen Händen zu arbeiten. Aber ich weiß, dass es für die Winzer viieeel Arbeit ist. Extra für die Lese stellen sie ganz viele Erntehelfer ein. Dann geht es früh am Morgen in den Weinberg und man leistet bis zum späten Nachmittag schwere körperliche Arbeit – bis die Hände und der Rücken schmerzen. Vor allem an der Mosel, in den Steillagen, wo es steil bergab geht, ist es sehr anstrengend, weil man mit den Füßen ständig Halt suchen muss, damit man nicht abrutscht und fällt. Da ist wirklich Ganzkörpereinsatz gefragt. Dann lernt man auch erstmal die Beeren auszusortieren. Die Guten kommen in die Butte und die schlechten lässt man liegen. Es gibt ja viele Schädlinge im Weinberg. Die Essigfliege oder den echten Mehltau sowie den falschen Mehltau. Die Beeren, die davon befallen sind, sind nicht mehr genießbar. Sie würden nach Essig oder moderig schmecken, das würde sich später im Wein bemerkbar machen. Also werden sie von Hand aussortiert. Dann können die Reben auch an Sonnenbrand erkranken. Dadurch hat man nur noch vertrocknete kleine Beeren und vertrocknete Zweige. Das wird natürlich auch nicht mit geerntet. Ich war damals sehr erschrocken, wie viele Trauben bzw. Beeren eigentlich verderben und wie viel Ausfall jeder Winzer hat.“
Was gehört zur Weinlese?
„Zur Grundausstattung bei der Weinlese gehören unbedingt wetterfeste Kleidung und wetterfeste Schuhe. Gerne Gummistiefel, eine Weinleseschere bzw. Gartenschere, womit man die Trauben abtrennt. Auch Handschuhe sind sehr wichtig, damit man sich die Hände nicht so schnell verletzt. Sowie dass die Hände nicht schmutzig werden ( Es gibt Rotweinsorten, welche die Hände fast schwarz färben ). Natürlich braucht es auch einen großen Eimer bzw. Butte. Dann kann es auch schon losgehen. Das Schöne an der Weinlese ist, man arbeitet im Team und bei meinen Praktika ging es immer sehr harmonisch zu. Wir hatten sehr viel Spaß. Zwischendurch gab es Brotzeit und Kaffee. Nach der Lese kommen die Trauben direkt zum Kellermeister, welcher die Beeren gleich presst und weiterverarbeitet. Alle arbeiten zur Weinlese-Zeit auf Hochtouren. 12 Stunden sind an der Tagesordnung. Ich habe sehr viel Respekt vor dieser Arbeit. Bis Wein entsteht, ist es ein langer Weg und danach war ich auch gerne bereit, etwas mehr für einen guten Wein zu bezahlen, da es gerechtfertigt ist.
Ich habe auch einige Bilder gemacht. Die Fotos sind größtenteils in Cochem an der Mosel entstanden, ausser die roten Trauben, die habe ich in Württemberg fotografiert und der Spruch steht in Bad Kösen,Weingut Kloster Pforta an der Hauswand.„
Weitere Informationen zur Weinlese
Wann beginnt die Weinlese in Deutschland 2018?
Ihr könnt Euch bereits ab Mitte September bis zirka Anfang November auf die Weinlese in Deutschland einstellen. Ein beliebtes touristisches Ziel während dieser Zeit ist die Mosel. Dann werden dort die Hotels immer voller und die Weinlese beginnt.
Warum erfolgt die Weinlese händisch?
Die Weinlese von Hand ist nicht nur schonender, sondern führt auch zu einer besseren Qualität des Weines. Bei der manuellen Lese entstehen keinerlei Schäden an der Laubwand oder dem Boden. Aufgrund des geringen mechanischen Drucks, der auf die Trauben ausgeübt wird, können diese unversehrt in der Kellerei ankommen. Aufgrund der Vorselektierung im Weinberg besitzen die Trauben bereits eine sehr gute Qualität. Bei einem mehrstufigen Leseverfahren werden zudem die unterschiedlichen Reifegrade der Trauben berücksichtigt.
Wie könnt Ihr als Helfer bei der Weinlese dabei sein?
Prinzipiell ist Hilfe bei der Weinlese immer gerne gesehen, da viele Winzer die Qualität des Handlesens schätzen. Um dabei sein zu dürfen könnt Ihr Euch auf einer Webseite eines Winzers in Eurer Nähe erkundigen. Bereits Kinder dürfen „mithilfen“.
Ernte-Dank-Weinmenü im ALvis Berlin-Mitte
Ihr wollt mehr über die Weinlese erfahren? Und die guten Tropfen zu ausgewählten kulinarischen Leckerbissen des Restaurant ALvis in Berlin Mitte genießen? Dann sichert Euch noch einen Tisch zum großen Ernte-Dank-Weinmenü am 15. Oktober 2017 im ALvis! Sommelière Jennifer Obst gibt Euch dann auch gerne weitere Tipps und Hintergrundinformationen zu den Weinen! #Joyfoodwithfriends